Fachbeitrag von Peter Gerst & Reinhold Stritzelberger, Business-Coaches, Keynote Speakers und gemeinsame Buchautoren:
Wenn Sie den eigenen Schwächen mit Verständnis begegnen, werden Sie mehr erreichen als mit Druck.
Vorwürfe hört niemand gern – und am wenigsten von sich selbst.
Keine Angst: Sie werden dadurch nicht „lax“. Sondern unterstützen damit Ihre Willensstärke. Und die brauchen Sie, um ans Ziel zu kommen.
Um ein erfolgreiches Business aufzubauen, betreiben wir Recherche, belegen wir Seminare, entwerfen wir elaborierte Businesspläne – und machen uns dann Vorwürfe bis hin zur Selbstzerfleischung, wenn wir unsere eigenen Regeln mal nicht einhalten und lieber die Freunde auf einen Umtrunk treffen, statt das Webinar zu absolvieren. So paradox es sich im ersten Moment anhört: Gut möglich, dass wir genau deshalb scheiterten, weil wir so streng mit uns waren!
Zugegeben, das klingt nicht logisch. Wir alle kennen noch aus der Schulzeit den Klassenbesten, der von seiner strengen Mutter zu Höchstleistungen „gefördert“ wurde. Nachsicht scheint auf den ersten Blick gegen Erfolg, Zielstrebigkeit und Willensstärke zu sprechen – sogar der erste Schritt Richtung Abgrund zu sein.
Und tatsächlich denken viele: „Wenn ich erst einmal damit anfange, mir alles durchgehen zu lassen, lasse ich mich ablenken und erreiche mein Ziel nicht.“ Aber hier wirken psychische Mechanismen mit fatalen Folgen für die Willenskraft.
Der Teufelskreis der Selbstvorwürfe
Diesen Folgen kommen Sie ganz schnell auf die Spur: Stellen Sie sich vor, was passiert, wenn andere Menschen ganz streng mit Ihnen sind und Ihnen Vorwürfe machen. Das fühlt sich nicht gut an. Und deshalb zeigen Sie darauf eher Abwehrreaktionen, und Ihr Bedürfnis nach Trost steigt. Dasselbe passiert, wenn Sie mit sich gnadenlos selbstkritisch umgehen und sich schuldig sprechen.
Selbstvorwürfe verstärken das Bedürfnis nach Seelentröstern. Unser altes, primitives Überlebenssystem hält immer noch das für die höchsten Wonnen der Glückseligkeit, was in den Steppen der grauen Vorzeit das Überleben sicherte und deshalb höchste Glücksgefühle hervorbrachte: Essen, Trinken, Sex, Nichtstun. Heute kommt dazu: Filme schauen, im Internet surfen, Frustshoppen.
Diese Dinge setzen unserer Selbstdisziplin zu und stellen unsere Willensstärke auf die Probe. Und deshalb stemmen wir uns ihnen mit aller Gewalt entgegen. Das fällt aber gerade in Stresssituationen besonders schwer. Und so kommt es immer wieder dazu, dass Menschen sich scheinbar widersinnig verhalten.
Beispiel:
Frauen, die sich um ihre Finanzen sorgen, gehen exzessiv auf Beutezug – Powershoppen. Männer, die ihr selbstvorgegebenes Arbeitspensum nicht erreichen, gehen“zum Stessabbau“ noch schnell ins Fitnessstudio, während die Arbeit liegenbleibt. Und wer hat nicht schon um seine Steuererklärung auch dann noch einen großen Bogen gemacht, als sie längst überfällig war – nur, um nicht mit seinem schlechten Gewissen konfrontiert zu werden?
Dagegen hilft nur eins: Seien Sie gnädiger mit sich selbst!
Machen Sie sich bewusst: Sie werden auf dem Weg zum Ziel straucheln. Sie werden Hindernissen begegnen, die Ihnen auf den ersten Blick unüberwindlich erscheinen, und Zielkonflikten, auf die Sie nicht immer richtig = zielgerichtet reagieren. Das ist menschlich.
Wer sich jetzt mit Selbstvorwürfen zerfleischt, kommt in Versuchung, einfach liegenzubleiben und gleich alles aufzugeben, wenn er einmal gestrauchelt ist. Erinnern Sie sich aus den Überperformer aus der Schulzeit: Der hat nach dem Abi, sowie er der strengen Mutter entkommen war, so richtig auf den Putz gehauen, das Studium abgebrochen und danach nichts mehr auf die Reihe gekriegt.
Wie ist das bei Ihnen? Neigen Sie zu Selbstvorwürfen? Tendieren Sie dazu, in Stresszeiten Versuchungen nachzugeben und Dinge liegen zu lassen, die Sie sonst angepackt hätten? Beobachten Sie sich eine gewisse Zeit. Stellen Sie diese Tendenz bei sich fest, tut es Ihnen wahrscheinlich gut, künftig einfach gnädiger mit sich selbst zu sein.
Lernen Sie, sich zu verzeihen und gerade dadurch Ihre Ziele besser zu erreichen:
- Machen Sie sich bewusst, dass es weder gesund noch möglich ist, sich per Willensstärke immer und jederzeit hundertprozentig zu kontrollieren. Es liegt in unserem Wesen, nicht immer das zu tun, was langfristig das Beste ist. Ist etwas unmöglich, gehen Vorwürfe, es nicht zu schaffen, ohnehin ins Leere.
- Plagen Sie dennoch Schuldgefühle, lassen Sie sie für einen Moment ganz bewusst zu. Gehen Sie dann den nächsten Schritt: Verzeihen Sie sich ganz und gar und aus vollem Herzen! Weil Sie wissen: Hin und wieder zu scheitern ist ganz normal. Das dürfen Sie genauso wie alle anderen. Versuchen Sie, sich danach sogar noch ein bisschen mehr zu mögen als vorher, einfach deshalb, weil Sie sich angestrengt und nun etwas Trost verdient haben.
- Fällt Ihnen das immer noch schwer, stellen Sie sich vor, ein guter Freund, Ihr Partner, Ihre Partnerin oder eines Ihrer Kinder befände sich in der gleichen Lage. Fragen Sie sich dann: Was würde ich ihnen sagen? Wie würde ich mit ihnen umgehen? Würde ich sie mit Vorwürfen und Schuldzuweisungen überhäufen? Wohl kaum? Dann ist es auch nicht angemessen, dass Sie sich in dieser Situation schlecht und schuldig fühlen.
Akzeptieren Sie, dass Sie nicht unfehlbar sind, seien Sie gnädig – und lassen Sie sich davon überraschen, wie viel mehr Sie jetzt erreichen können.
Autorenprofil:
Peter Gerst (rechts) und Reinhold Stritzelberger sind Business-Coaches, Buchautoren und Keynote Speakers mit langjähriger Trainer-Erfahrung.
Sie räumen mit dem Irrtum auf, dass Willensstärke nicht trainierbar ist, und vermitteln ihren Seminarteilnehmern einfache Methoden, diese Kompetenz zu stärken.
Zudem haben Sie ihr Wissen über die Willensstärke in handliche Buchform gebracht: in Willensstärke: Energien freisetzen und Ziele erreichen zeigen sie einfache Methoden, die eigene Willensstärke zu trainieren.
Weitere Informationen zu den Autoren finden Sie unter: www.peter-gerst.de oder unter: www.dauerhafte-selbstmotivation.de