Bei dem Lernsoftware-Anbieter CoboCards aus Aachen handelt es sich zwar nicht mehr um ein StartUp im eigentlichen Sinn, dennoch kann man aus der Gründungsgeschichte von Ali Yildirim und seinem Team eine Menge lernen:
Herr Yildirim, angesichts der Fülle an neuen Apps & Co.: Ist es schwieriger geworden, ein Softwareprodukt zu vermarkten? Wenn ja, woran merken Sie dies, und mit welchen Maßnahmen begegnen Sie dieser Herausforderung?
CoboCards wurde im Januar 2010 als GmbH gegründet. Davor firmierten wir ein Jahr als GbR, und 2009 verlies unsere Anwendung auch die Betaphase. Es stimmt, wir sind nicht gerade frisch am Markt. Dennoch fühlen wir uns noch wie ein Start-Up, da CoboCards sich ausschließlich selbst finanziert und dafür zwar langsamer aber gesünder wächst.
Unsere App hat von Anfang an Umsätze generiert. Dennoch stimmt es, dass die Fülle an Angeboten es einem nicht einfach macht. Man konkurriert nicht nur mit der unmittelbaren Konkurrenz, sondern kämpft auch um die Zeit des Nutzers. Diese kann er zum Lernen verwenden, aber auch zum Enterainment auf Facebook. Wir versuchen dem zu entgegnen, in dem wir Funktionen implementieren, die Nutzer sonst woanders nutzen würden. Zum Beispiel den Lern-Chat. Lernen und dabei dennoch (auch über andere Dinge) mit Freunden chatten.
Spüren Sie auch, dass Ihre Kunden anspruchsvoller geworden sind, etwa was das Design und die Funktionalitäten einer Online-Software anbelangt?
Ja sehr. Wenn länger nichts passiert, erhalten wir E-Mails, in denen wir gefragt werden, ob denn nicht einmal etwas getan wird. Eine Online-Software ist nie fertiggestellt. Man muss vielmehr ständig an ihr arbeiten, verbessern, nach aktuellen Standards re-designen.
Wie stark umkämpft ist der deutschsprachige Markt für Karteikarten Software?
Die meisten Anbieter für Karteikarten-Software tun dies nicht professionell. Es sind in der Regel Hobbyprojekte einzelner Studenten. Nutzer merken irgendwann, dass dort nichts passiert und hören auf, diese zu nutzen. Wir konkurrieren jedoch nicht nur mit Software-Anbietern für Karteikarten, sondern mit Papierkarten herstellenden Verlagen, anderen E-Learning Portalen, aber auch um die Zeit der Kunden.
Wie gelingt es Ihnen, auch die nicht kostenlosen Varianten der CoboCards zu vermarkten, angesichts der vorherrschenden „Alles gratis“-Mentalität?
Ja, leider besteht diese Mentalität immer noch. Doch dies ändert sich. Wir näheren uns immer mehr den Amerikanern an, die Qualität auch schnell einmal bezahlen. Auch die AppStores tragen hierzu bei. Ich ertappe mich selbst dabei, wie ich nützliche Apps einfach kaufe. Früher hätte ich den Euro noch 2x gedreht.
Webanwendungen müssen einen Nutzen stimmen. Eine Prüfung zu bestehen, ist für Lernende der Nutzen schlechthin. Kommuniziert man dies, sind Kunden auch bereit, dafür zu zahlen.
Was sind Ihrer Ansicht nach die wichtigsten Faktoren damit Anwender dazu bereit sind, für eine (Online-) Software zu bezahlen?
Hoher Nutzen, überschaubare Kosten und ein schneller Support. Wenn bei uns eine Support-Email eingeht, dann wird alles quasi stehengelassen und dem Kunden sofort geholfen. Meist kriegen wir Feedback wie: „Wow, ihr seid ja schnell. Vielen Dank!“ Den Kunden zufriedenstellen reicht nicht mehr. Man muss ihn begeistern. Wenn er eine Antwort in zwei Tagen üblicherweise erwartet, dann seien Sie schneller. So sorgen sie für begeisterte Kunden, die immer wieder gerne bei ihnen kaufen.
Würden Sie heutzutage mit einem Tool wie CoboCards erneut an den Markt gehen, oder wäre Ihnen die Konkurrenz zu groß?
Ich würde es immer wieder tun. Aber nur, wenn ich das richtige Team habe. Das Team ist das A und O für den Erfolg. Gott sei Dank hatten wir die richtigen Leute an Bord.
Wie meistern Sie die Herausforderung, die an eine mobile Version der CoboCards gestellt werden, oder haben Sie hierauf von Anfang an geachtet?
Uns war von vornehrein klar, dass im mobilen Lernen die Zukunft liegt. Mein Kollege spielte hier als Visionär eine entscheidende Rolle. Wir haben gleich eine mobile App für’s iPhone und eine für Android entwickelt. Und die Kunden danken uns dafür noch heute.
Welches Team und welche Kompetenzen sind notwendig, um ein Werkzeug wie das Ihre fortlaufend weiterentwickeln zu können?
Im Grunde benötigt man drei Kompetenzen: Einen Screendesigner, einen Webentwickler und einen Projektmanager, der in der Regel ein Betriebswirt ist. Wenn gerade keine größeren Projekte anliegen, so beschäftigen sich diese mit der Wartung, Konzeptionierung, dem Marketing oder den Finanzen.
Wie möchten Sie Ihr Produkt in den nächsten Monaten weiter ausbauen, um dieses zukunftsfähig zu machen?
Da richten wir uns ausschließlich an den Wünschen der Kunden. Sie sind letztendlich diejenigen, die dafür bezahlen. Dennoch gehen wir mit einem Rotstift an die Wunschliste und streichen Funktionen, die CoboCards verkomplizieren oder nur einzelnen Kunden nutzen.