Seit dem 29. Juni 2025 ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft. Auch Startups müssen seitdem verschiedene Anforderungen erfüllen und Regelungen einhalten, sofern sie Produkte oder Dienstleistungen anbieten, die unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen. Was aber versteht man genau unter digitaler Barrierefreiheit und wie lassen sich entsprechende Maßnahmen im Unternehmen effektiv umsetzen?
Menschen mit Einschränkungen digitale Angebote zugänglich machen
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz setzt eine bestehende EU-Richtlinie in nationales Recht um und verpflichtet Unternehmen, digitale Angebote wie Webseiten oder Apps barrierefrei zu gestalten. Unter digitaler Barrierefreiheit versteht man, dass auch Menschen mit den verschiedensten Einschränkungen digitale Angebote unkompliziert nutzen können.
Das gilt für Einschränkungen wie Hör-, Seh-, oder auch motorische und kognitive Einschränkungen. Darüber hinaus sollen auch Menschen mit vorübergehenden Einschränkungen, etwa durch einen Unfall, sowie ältere Menschen von der digitalen Barrierefreiheit profitieren. Letztlich soll digitale Barrierefreiheit digitale Teilhabe für alle, unabhängig von ihren individuellen Voraussetzungen, ermöglichen.
Was ist wichtig für digitale Barrierefreiheit?
Ganz allgemein müssen Unternehmen ihre digitalen Angebote so gestalten, dass sie auch von Menschen mit Einschränkungen genutzt werden können. Dazu zählen etwa die Möglichkeit, dass Bildschirminhalte auch per Bildschirmleser vorgelesen werden können, sämtliche Funktionen auch gut mit der Tastatur bedienbar sind, der Kontrast einstellbar ist oder auch dass die Texte gut verständlich sind. Um Webseiten barrierefrei zu gestalten, gilt es, sowohl gestalterische,als auch technische Maßnahmen zu ergreifen.
Maßnahmen zur Gestaltung der Webseite
- Die Webseite muss eine einfache und nachvollziehbare Seitenstruktur mit gut zu erkennenden Überschriften aufweisen. Zudem sollte die Navigation konsistent gestaltet sein und auf allen Unterseiten gleich aufgebaut sein.
- Zwischen Text und Hintergrund muss ein ausreichender Kontrast herrschen, um eine gute Lesbarkeit zu gewährleisten. Darüber hinaus sollte eine Schriftart ohne Serifen gewählt werden.
- Verlinkungen sollten deutlich durch Farben und / oder Unterstreichung kenntlich gemacht werden.
- Animationen, Pop-ups oder blinkende Seitenelemente können Menschen mit Konzentrationsproblemen ablenken oder bei betroffenen Personen sogar einen epileptischen Anfall auslösen. Daher empfiehlt es sich, auf solche Elemente zu verzichten.
- Es ist ratsam, Textinhalte in einer einfach verständlichen Sprache zu verfassen und komplizierte Fachbegriffe zu vermeiden. So können auch Menschen mit kognitiven Einschränkungen Inhalte schneller und leichter verstehen.
Technische Maßnahmen
- Die Webseite sollte mit verschiedenen Browsern kompatibel sein und auf allen Endgeräten optimal dargestellt werden können.
- Um es Screenreadern zu ermöglichen, Bilder zu interpretieren, ist es wichtig, den Bildern aussagekräftige Alt-Texte hinzuzufügen.
- Die Webseite sollte bei Bedarf ausschließlich mit der Tastatur bedienbar sein.
- Auch etwaige Formulare wie etwa PDF-Dateien sollten klare Beschriftungen aufweisen und Hilfefunktionen bieten, um Missverständnisse zu vermeiden.
- AIRA-Attribute, spezielle HTML-Attribute können die Zugänglichkeit und Bedienbarkeit von Webseiten stark verbessern und sollten daher unbedingt verwendet werden.
Entsprechende Maßnahmen umzusetzen ist wichtig, denn digitale Zugänglichkeit ist entscheidend, um digitale Inklusion zu ermöglichen. Mit der Möglichkeit, digitale Inhalte, Webseiten oder auch Onlineshops ohne Einschränkungen zu nutzen, können Personen mit Einschränkungen selbstbestimmt am digitalen gesellschaftlichen Leben teilnehmen und sind nicht auf externe Hilfe angewiesen.
Welche Unternehmen unterliegen dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?
Das BFSG gilt prinzipiell für sämtliche Unternehmen, die digitale Produkte oder Dienstleistungen für Endverbraucher anbieten, darunter vor allem, Telekommunikationsdienste, Bankdienstleistungen, Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr und Personenbeförderungsdienste.
Bei einer Nichteinhaltung des BFSG drohen Unternehmen bei schwerwiegenden oder wiederholten Verstößen hohe Bußgelder. Ausgenommen von dem Gesetz sind sogenannte Kleinstunternehmen, also Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von weniger als 2 Millionen Euro.
Allerdings können auch kleine Unternehmen oder Startups, die nicht von der Regelung betroffen sind, trotzdem von einer freiwilligen Umsetzung profitieren, denn Menschen mit Einschränkungen sind durchaus eine relevante Zielgruppe.
Darüber hinaus verbessert eine barrierefreie Gestaltung digitaler Angebote die Benutzerfreundlichkeit für alle Kunden, nicht nur für Menschen mit Einschränkungen. Letztlich können Unternehmen, die ihre Webseiten und Onlineshops entsprechend anpassen, auch von einer besseren Auffindbarkeit in Suchmaschinen profitieren und das Image des Unternehmens verbessern.
Fazit
Barrierefreiheit im Netz ist mittlerweile keine Option mehr, sondern vielmehr ein Standard, von dem letztlich alle Menschen profitieren können. Die Umsetzung der Vorgaben ist ein wesentlicher Schritt zur Inklusion von Menschen mit Einschränkungen, denn durch die fortschreitende Digitalisierung sind das Internet und digitale Angebote längst ein Teil des gesellschaftlichen Lebens geworden. Dass Personen mit Einschränkungen sich nicht mehr nur in Supermärkten, im ÖPNV oder an anderen öffentlichen Stellen, sondern auch im Internet barrierefrei „bewegen“ können, ist daher nur folgerichtig.